Smaugs Einöde Mischmasch

Tipps

Der Erebor - von Smaug bewacht

Der Erebor – Heimat der Zwerge und des Königs unter dem Berg.

Smaugs Einöde, der zweite Teil des Hobbit-Film verspielt den Mythos von Mittelerde.

Zum Glück nur den Mythos, auch der Film könnte ein Mythos werden.

Endlich war ich im Hobbit. Zur Einstimmung, am Vor-Kino-Tag, hatte ich mir die SEE (Special Extended Edition) der Unerwarteten Reise und zudem die Audiokommentare gegönnt, was mich doch mehr als der Kinofilm vor einem Jahr überzeugt und die Vorfreude noch weiter angestachelt hatte.

Smaugs Einöde – Wiedersehen in Mittelerde

Bard - Bogenschütze

Bard de Bogenschuetze von Esgaroth

Smaugs Einöde also. Sie beginnt in Bree. Ah, Gandalf und Thorin treffen aufeinander. Und Gandalf hat gute Gründe, Thorin treffen zu wollen. Sehr gut. Ja über lange Strecken fand ich sie zwar teilweise etwas nervig die Kämpfe, mehr als Show inszeniert denn als Kampf um Leben und Tod. Die Bewegungen selbst – allen voran die von Legolas – fühlen sich sehr fremd für mich, ich kann sie nur mit den Augen, nicht mit meinem Körper erfassen.

Aber gut – dennoch endlich ein Wiedersehen mit Mittelerde, das Gefühl der Vorfreude, Freude daran, es geht weiter, Mittelerde weitet sich aus, bekommt noch mehr Straßen, Wege, Häuser, Menschen, Elben, Zwerge, Berge … Vertrautes, das ich immer wieder erkennen werde. Mittelerde wächst, Mittelerde lebt.

Der Düsterwald beeindruckend, die Landschaften traumhaft, Tranduil ja doch auch beeindruckend. Bard sympathisch und sympathisch menschlich nach all den Zwergen, Elben und dem einen Hobbit.

Worum bitte geht´s hier?

Doch dann, gegen Ende, dann beim Drachen überkam mich ein seltsam ungutes Gefühl, nicht so richtig zu wissen, worum es in Smaugs Einöde überhaupt geht. Und als Bilbo auf der Flucht vor Smaug auf Thorin trifft und rumzueiern beginnt auf dessen Frage nach dem Arkenstein, flimmerte in mir die Frage auf, ob ich im falschen Film bin. Wo die Größe von Mittelerde geblieben ist. Wozu ich hier überhaupt sitze.

Nach dem Film im Gespräch mit Freunden, bin ich dann zu der Einsicht gekommen, dass es für eine große Geschichte, erst recht für einen Mythos, einer großen tragenden Leitidee bedarf, die alle Helden bewegt und auf die sich alles was lebt und sich bewegt in dieser Geschichte, alle Ideen, Handlungen und ihre Motive, alle Schwierigkeiten und Hinderungsgründe beziehen können und mehr oder weniger auch müssen.

Im Herr der Ringe gibt es diese Leitidee – den Ring und damit die Macht des Bösen zu zerstören. Das ist, wie auch immer man dazu stehen mag, eine tragende große Idee. Im Hobbit gibt es eine solche Grundidee nicht. Den Erebor zurückerobern, ja. Aber wozu, was ist daran wichtig. Der unermessliche Reichtum? Wieder eine Heimat haben? Den Arkenstein und damit den Titel König unter dem Berg gewinnen, um die sieben Zwergenreiche unter einem Banner zu einen? Zu verhindern, dass Smaug sich mit Sauron verbündet? Angesprochen wird dies alles, aber entschieden haben sich die Filmemacher für keine dieser Ideen.

Die letzten beiden hätten schon eine tragende Idee abgeben können, aber für diese Ideen hätten sich die Filmemacher klar entscheiden müssen und alle anderen darauf beziehen. So aber fehlt der Einöde von Smaug das Große, das Mythische, was sich denn auch in vielen Details, die peinlich kleinlich oder peinlich widersinnig wirken, rächt.

Ungereimtheiten ohne Ende

Smaug und Bilbo allein im Erebor

Smaug und Bilbo im Erebor

  • Kili ist für Tauriel attraktiv, weil er für einen Zwerg gar nicht mal so klein ist. Ja und irgendwie auch als Notnagel. Normalmenschlich vielleicht, aber Mittelerde ist ja eben nicht die Gefühlsödnis von Ganz-Normal-Erde.
  • Der Konflikt zwischen Thranduil und den Zwergen des Erebor rührt daher, dass Thranduil die weißen Edelsteine vorenthalten wurden.
  • Bard hilft den Zwergen, weil er Geld braucht und sie ihn doppelt als Schmuggler bezahlen. Ansonsten ist er – wie im Buch – den Zwergen gegenüber recht skeptisch. Aus gutem Grund. Warum schickt Jackson Killi und die anderen drei zurückgebliebenen Zwerge ausgerechnet zu Bard? Sie wurden zuvor in der ganzen Stadt bejubelt und gefeiert. Und all diese Menschen sollten einen Zwerg in höchster Not die Tür weisen? Nur Bard nicht?
  • Legolas – was treibt ihn, sich den Befehlen seines Vaters zu widersetzen, die Zwerge mehrmals in höchster Not zu retten und sein Leben dabei zu riskieren? Tauriel? Sportlicher Ehrgeiz, seine Bogenschützen-Zaubereien auf den Köpfen von Zwergen zu demonstrieren? Schlechtes Gewissen, dass er sie zunächst so rüde behandelt hatte? Irgendeine Einsicht?
  • Gandalf marschiert sehenden Auges in die Falle von Dol Goldur. Ganz allein – hat er wirklich keine Ahnung, dass Sauron dahinter steckt und Sauron in seiner eigenen Festung eine Nummer zu groß für Gandalf ganz allein ist? Ahnt er es oder ahnt er es nicht? Sich an der Stelle klar zu entscheiden, hätte den ganzen Film retten können und wäre durchaus möglich gewesen.
  • Noch einmal Gandalf: Im weißen Rat macht Gandalf eine ziemlich hilflose Figur und wird nicht nur von Saruman, sondern auch,  von Elrond und Galadriel wie ein übereifriger Zauberlehrling behandelt, der nicht so recht weiß was er tut. Mit dem souveränen Gandalf von Tolkien hat diese Charakterzeichnung nichts zu tun. Passt nicht und wäre auch anders möglich gewesen.
  • Der Arkenstein. Im Buch weiß Bilbo nichts vom Arkenstein, findet ihn zufällig und insofern ist es plausibel, dass er ihn Thorin nicht gleich zurückgibt. Im Film hatten die Autoren einen andere Idee. Bilbo geht mit dem Auftrag, den Arkenstein zu finden, in den Berg. Findet ihn auch, ob er ihn letztlich zu fassen bekommt oder nicht, bleibt wohl offen. Jedenfalls schweigt sich Bilbo was den Arkenstein betrifft, aus. Obwohl Thorin seinen Meisterdieb sehr ausdrücklich nach eben diesem befragt. Was hält Bilbo davon ab, Thorin wahrheitsgemäß zu antworten? Sicher, im Buch sagt Bilbo nichts vom Arkenstein, doch aus Gründen, die er im Film nicht haben kann. Welche Gründe – ob nun gute oder schlechte – hat Bilbo zu schweigen?
  • Smaug. Er weiß – bei Tolkien nicht, wohl aber bei Peter Jackson – vom Arkenstein. Seltsam genug, nungut. Aber wenn dem so ist, weiß er auch davon, dass der Arkenstein das Juwel des Königs unter dem Berg ist. Mitten zwischen allem Gold und sonstigen Geschmeide würde er ihn dann kaum liegen lassen. Und warum soll er Seestadt zerstören, wenn er die, die ihm an den Kragen gehen, doch – anders als bei Tolkien – kennt und im Erebor zur Strecke bringen muss?

Verspielt

Smaugs Einöde, der zweite Teil des Hobbit-Film verspielt den Mythos von Mittelerde. Zum Glück nur den Mythos, auch der Film könnte ein Mythos werden.

Das mag nun liegen, woran es auch immer liegen mag. Vermutlich – so jedenfalls habe ich Peter Jackson und Phillipa Boyens in den Audiokommentaren zur Unerwarteten Reise verstanden – daran, dass sie ein Spagat zwischen dem Original Hobbit und dem Hobbit als explizite Vor-Geschichte zum Herr der Ringe versucht haben. Beides hätte einen überzeugenden Mittelerde Film abgeben können.

Aber aus dem Spagat-Versuch ist nur ein widersinniges Mischmasch aus beidem geworden. Kein Stoff für einen Mythos. Nicht mal für eine Geschichte, die man weitererzählen will. Aber wer weiter nichts als – wie jeden Tag – unterhalten werden will ohne sich zu langweilen, der braucht vielleicht keine große Idee von sich und der Welt und dem Leben in ihr.

Bildnachweis:

alle Bilder: Hobbit – die Einöde des Smaug @ „Der Hobbit – Eine unerwartete Reise“ , Copyright: 2012 Warner Bros. Ent./ Metro-Golwyn-Mayer Pictures